Vortrag

Vortrag: Stiftungs- und Vereinsarbeit in Zeiten von „Nullzinsen“

Der Referent der heutigen Veranstaltung, Herr Heinz Mölder, stellte sich zunächst vor und teilte zu seiner Person mit, dass er bis April 2017 im Vorstand der Sparkasse Neuss tätig gewesen ist, für die er 47 Jahre gearbeitet hat. Während seiner aktiven Zeit war er bei der Sparkasse bereits für das Stif­tungswesen zuständig. Seit seinem Eintritt in den Ruhestand ist er nur noch ehrenamtlich tätig. Er gehört dem Vorstand in allen 7 Sparkassen-Stiftungen sowie in den Kunden-Stiftungen an.

Die Sparkasse Neuss ist durch zwei Fusionen seit 2002 für den gesamten Rhein-Kreis Neuss zuständig. Sie unterhält 7 Sparkassen-Stiftungen mit einem Gesamtkapital von 30 Mio. €, die älteste Stiftung stammt aus dem Jahr 1978. Die Sparkassen-Stiftungen sind fördernd und operativ tätig, d.h. sie unterstützen die betreffenden Institutionen nicht nur finanziell, sondern nehmen auch Einfluss auf deren Tätigkeit.

Seit 2007 beteiligt sich die Sparkasse auch an der Gründung von Bürgerstiftungen. Die Idee hierzu stammt von Alfons Kranz, dem früheren Geschäftsführer der Neuss-Grevenbroicher-Zeitung (NGZ). Die Sparkasse hat dafür gesorgt, dass jede der 8 Städte / Gemeinden im Rhein-Kreis Neuss eine eigene Bürgerstiftung hat, indem sie für jede dieser Stiftungen eine Einlage von 25.000 € übernommen hat mit der Auflage, dass jeweils weitere 25.000 € für die Stiftungen anderweitig beschafft werden mussten, damit das vorgeschriebene Mindestkapital von 50.000 € ausgewiesen werden kann. Dieses Ziel wurde innerhalb eines Jahres erreicht. Im Vorstand jeder Bürgerstiftung ist ein Führungsmitglied der Sparkasse tätig; dabei handelt es sich vorwie­gend um örtliche Filialleiter.

Herr Mölder hat selbst – mit seiner Frau zusammen – ebenfalls eine Bürgerstiftung gegründet, das nötige Kapital eingebracht und Spenden aktiviert.

Nach dieser grundlegenden Darstellung kam der Referent auf die beste­henden bzw. bevorstehenden Probleme zu sprechen. Hauptpunkte sind die Nullzinspolitik der EZB und Nachwuchssorgen in den Stiftungen, weil immer weniger Personen bereit sind, Funktionen zu übernehmen.

Der Referent wies darauf hin, dass bundesweit bis 2027 jährlich 400 Mrd. € durch Erbschaften weitergegeben werden. Problematisch ist, dass die Erben der in Neuss anfallenden Erbschaften oft nicht mehr im Rhein-Kreis Neuss leben; dies würde dazu führen, dass rund die Hälfte des Geldes nicht mehr im Kreisgebiet verbleiben wird. (Dieser Verlust würde sich außerdem auch auf den Perso­nalbestand der Sparkasse auswirken.)

Als Gegenmaßnahme führt die Sparkasse spezielle Schulungen der Mit­arbeiter durch, damit diese eine entsprechende Kundenberatung durchfüh­ren können. Die Sparkasse bietet auch Testamentsvollstreckung an. Der Grundgedanke hierfür ist, dass die Erblasser ihre notariellen Testamente vielfach bei Notaren beurkunden lassen, die in ähnlichem Alter wie sie selber sind und deshalb für eine Testamentsvollstreckung kaum in Frage kom­men. Die Sparkasse will sich dafür als vertrauenswürdigen Partner anbie­ten. Hierzu wurde die Broschüre „Nachlassplanung mit der Sparkasse Neuss“ verteilt.

Weitere Maßnahmen sind die Schaffung von Generationenberatern. Außerdem wurden 33 Gruppen zu den Empfängern der Stiftungsmittel gesandt (Heime, Vereine, sonstige Institutionen).

Die Nullzinspolitik der EZB führt dazu, dass die zur Verfügung stehenden Fördermittel immer geringer werden. Gleichwohl müssen die von den Stif­tungen in das Förderprogramm aufgenommenen Institutionen weiter geför­dert werden. Da das Kapital nicht angegriffen werden darf, können nur die jeweiligen Erträge ausgegeben werden. Bisher gibt es noch einen größeren Bestand von älteren Papieren, die 3%-4% Rendite abwerfen; wenn deren Laufzeit jedoch abläuft, gibt es keinen gleichwertigen Ersatz. Derzeit liegen die durchschnittlichen Erträge noch bei 2 %.

Um hier Abhilfe zu schaffen, hat man die Anlagemöglichkeiten erweitert. Daher dürften jetzt neben Renten auch Aktien und Immobilien in den Bestand genommen werden. Dabei beschränkt sich Die Sparkasse auf deutsche Aktien. Wenn dort durch Kursverluste das Stiftungskapital zeitweilig unter 100 % sinke, sollte man trotzdem nicht gleich verkaufen, sondern auf eine Kurserholung warten.

Außerdem wird für die Anhebung des Kapitals geworben, um auf diese Weise die Erträge anzuheben. Schließlich bleibt die Möglichkeit der Kooperation, d.h. größere Aufgaben werden in Kooperation mit anderen Stiftungen wahrgenommen. Als Beispiel verwies er auf die Bekämpfung von Cyber-Mobbing, die in Zusammenarbeit mit der Marandi-Stiftung durchgeführt wird.

Als eine weitere Möglichkeit nannte er die  Zustiftung in eine bestehende Stiftung.  Hierbei können die Stifter ihre Einlagen mit einer festen Zweckbindung einbringen. Die Erträge dieser Einlagen dürfen dann nur für diesen Stiftungszweck, z.B. für ein Hospiz, das DRK etc. verwendet werden.

Die Sparkasse veranstaltet regelmäßig einen „Tag der Stiftungen“, auf dem  Interessierte ihre Fragen stellen und sich Möglichkeiten von Stiftungen vorstellen lassen können. Dabei besteht  der Grundgedanke der Sparkasse darin, anderen dazu zu verhelfen, das zu realisieren, was sie sich vorgenommen haben.

Die nach diesem interessanten Vortrag gestellten, vielfältigen Fragen wurden vom Referenten souverän und zufriedenstellend beantwortet. So wurde z.B. gefragt, was man mit einer kleinen Stiftung mit dem Mindestkapital von 50.000 € machen könne, wenn die Erträge nicht mehr fließen. Sein Rat hierzu, sich entweder mit dem Stiftungskapital an eine andere Stiftung anzuschließen oder mit dem Finanzamt abzustimmen, dass die Kapitalerhaltungsstiftung in eine Verbrauchsstiftung umgewandelt wird, damit der Stif­tungszweck noch für eine gewisse Zeit erhalten bleiben kann.

Anhaltender Beitrag dankte Herrn Mölder für seinen interessanten, viele Interessens­gebiete umfassenden Vortrag.