Vortrag

Vortrag am 10.01.2016: „Jemen-Arabia Felix?“

Der Referent, Clubfreund Alexander von Wedelstädt, gab zu Beginn seines Vortrags einen Überblick über die Geschichte von Land und Leute des Jemen. – Das Land war schon im zweiten Jahrtausend vor Christus eine Drehscheibe des Handels zwischen dem Mittelmeerraum (Europa) einerseits sowie Indien und dem fernen Osten andererseits. Wesentliche Handelsprodukte waren u. a. Edelsteine, Weihrauch, Myrrhe und Gewürze. Der Sage nach soll die Königin von Saba von hier aus König Salomo in Jerusalem besucht haben (allerdings beruft sich auch Äthiopien darauf, dass die Königin von dort stamme). – Ab ca. 500 nach Christus wurde das Land von den Äthiopiern beherrscht, die auch den christlichen Glauben mitbrachten; später geriet das Land unter persischen Einfluss; im 7. Jahrhundert setzte sich von Damaskus aus der Islam als beherrschende Religion durch. Ungeachtet dessen lebten aber auch viele Juden bis in die Gegenwart in dem Land. Der Norden des heutigen Jemen wurde später Teil des osmanischen Reiches. Im Jahre 1839 eroberten Engländer die im südlichen Jemen gelegene Stadt Aden, die sie fortan als Stützpunkt für den Seeweg nach Indien benutzten. Ab 1918 existierte im Norden des Landes ein unabhängiges Königsreich. Diese Monarchie wurde 1962 durch einen Aufstand gestürzt. Bis 1970 folgte ein Bürgerkrieg mit bis zu ca. 200.000 Toten. Im Süden bildete sich ein sozialistischer Staat, der sich dem Ostblock anschloss. Im Mai 1994 vereinigten sich beide Teile zur „Republik Jemen“. Gleichwohl flammte immer wieder ein Bürgerkrieg auf, der praktisch bis heute anhält. Einer der Gründe für diesen Bürgerkrieg ist der religiöse Gegensatz zwischen den Schiiten im Norden und den Sunniten im Süden und Osten des Landes. Die Schiiten werden vom Iran, die Sunniten von Saudi-Arabien unterstützt, die auf diese Weise praktisch einen Stellvertreterkrieg führen. Aus diesem Grunde hat CF Alexander die Überschrift seines Vortrags auch mit einem „?“ versehen; in früheren Jahrhunderten galt der Jemen als „Felix = glücklich“; davon kann heute aber kaum mehr die Rede sein.

Das Land ist mit ca. 528.000 km² etwas größer als Frankreich und hat eine Bevöl-kerung von ca. 26 Millionen Menschen. Etwa 70% der Landfläche sind Wüste, nur ca. 5.500 km² werden bewässert und dadurch landwirtschaftlich genutzt. Haupt-erzeugnisse sind Hirse, Mais, Früchte, Gemüse, Kaffee und Qat (dessen Blätter als Rauschmittel gekaut werden). Auf ca. 50% der landwirtschaftlich nutzbaren Fläche wird Qat angebaut, weil der Erlös hierfür um ein Vielfaches höher liegt als für alle anderen Feldfürchte.

Nach dieser Einführung zeigte Alexander Fotos einer Rundreise, die seine Frau Margarethe und er im Jahre 2005 durch den Jemen gemacht hatten. In einer Gruppe von 20 Touristen waren sie mit fünf Land-Cruisern zwei Wochen durch das Land gefahren und hatten zahlreiche Städte und sonstige Sehenswürdigkeiten angesteuert. – Die Hauptstadt des Landes ist Sana‘a mit ca. 2,5 Mio Einwohnern. Die Stadt liegt etwa 2.000 m hoch. Die Altstadt ist Weltkulturerbe. Hier stehen mehrstöckige, 20 bis 50 m hohe Häuser, die sämtlich aus Lehm gefertigt sind. Zu sehen waren wunderschöne Hausfassaden mit Stuckverzierungen, schönen Fenstern und Türen. – In der heute weitgehend verlassenen Stadt Mar‘ib stehen noch diverse, etwa 2400 Jahre alte Tempel. Im Jahre 2005 war auch ein aus dem 8. Jahrhundert vor Christus stammender Staudamm noch erhalten, dessen Staumauer 600 m lang und 200 m hoch war; das gestaute Wasser diente zur Bewässerung weiter Landstriche; dieser Staudamm ist in den kriegerischen Auseinandersetzungen der letzten Jahre allerdings zerstört worden. – Es folgten Fotos aus dem Hadramaut-Wadi. Dies ist ein tief eingeschnittenes, breites Flusstal, das relativ dicht besiedelt ist; in großen Plantagen gedeihen hier Dattelpalmen. – Zum Weltkulturerbe gehört auch die weitere Stadt Shibam. Hier stehen ebenfalls hohe Wohnhäuser aus Lehm, daneben aber auch Häuser aus Naturstein, deren Wände aber ohne jeden Mörtel gebaut sind.

Beeindruckend waren auch die über den gesamten Vortrag verteilten Fotos von Menschen des Landes, so z. B. Händler und Käufer im Suq, aus den Fenstern schauende Kinder oder stolz posierende Jungen/Männer mit dem im Lande obligaten Krummdolch im Gürtel.

Langanhaltender Beifall dankte Alexander und Margarethe  für diesen informativen und beeindruckenden Vortrag zu einem uns allen weitgehend fremden Land.