Vortrag am 20.09.2016: Der Kauf von Freiheit
Der Referent, Rechtsanwalt Dr. Hüsch aus Neuss, MdB a.D., führte uns sehr anschaulich durch seine Tätigkeit in der Zeit von 1968 bis 1989 als Geheimdienstleiter der Geheim-sache „Kanal“, wo er unter dem Geheimnamen „Eduard“ geführt wurde.
Bis vor 2 Jahren war es Dr. Hüsch streng verboten über diese Vorgänge zu berichten.
Der Freikauf von Rumäniendeutschen begann in den 1950 er Jahren. Zunächst war der Stuttgarter Rechtsanwalt Dr. Ewald Garlepp dafür zuständig.1967 beendete die Bundes-regierung die Zusammenarbeit mit Garlepp und beauftragte den Neusser Rechtsanwalt und CDU Abgeordneten Dr. Heinz Günter Hüsch mit dieser Aufgabe.
Wolfgang Schäuble, damals Innenminister und Gerd Lemmer, Staatssekretär im Ministerium für Vertriebene führten die Gespräche mit Dr. Hüsch. Von 313 anwaltlichen Verhandlungen existieren mehr als 1800 Seiten Aufzeichnungen.
1939 leben in Rumänien etwa 800000 deutschstämmige Siebenbürgen Sachsen und Banater Schwaben. 1951 finden Umsiedlungen statt, die Menschen ziehen in die Baragansteppe. 540000 deutschstämmige Personen werden enteignet, ihnen werden die Bürgerrechte entzogen. Die Angst vor dem Geheimdienst Sekuritate vergrößerte den Wunsch, das Land zu verlassen.
Durch diplomatische Beziehungen gelingt es, einzelne Personen für ca. 40.000 DM freizukaufen.
Ende 1967 heißt es, man sei evtl. zu Familienzusammenführungen bereit. Man wendet sich an Dr. Hüsch zwecks Auslobung des Vorhabens. In Hotelhinterzimmern ist man zu Gesprächen bereit und verweist auf absolute Geheimhaltung. Je nach Ausbildung soll die Bundesregierung zwischen 1.800 DM und 10.000 DM für eine Freilassung zahlen.
400.000 DM übergibt Dr. Hüsch in einem Koffer als Vorauszahlung. Ohne Quittung. Man fordert eine Liste der Ausreisewilligen. Es melden sich zunächst 16.000. Ein rumänischer Verhandlungspartner Martinesco forderte weitere 200.000 DM. In den Gesprächen durfte nie gesagt werden für wen verhandelt wird. Wo das Geld blieb ist unklar.
Beim 1. Treffen in Wien findet eine Geldübergabe in Höhe von 200.000 DM in 1000 Markscheinen statt, die mit Nummern registriert sind. Für diesen Betrag verspricht man 1.000 Ausreisegenehmigungen.
Im März 1969 wird in Stockholm ein Vertrag vorgelegt, den Dr. Hüsch und ein Dolmetscher unterschreiben.
1970 folgt ein weiterer Vertrag über 4 Jahre über die Ausreise von 20.000 Personen. Hierin werden neben Geldforderungen auch 5 Autos der Luxusklasse gewünscht Der Unterhändler Martinesco erbittet u.a. die Lieferung von Jagdgewehren nach Paris.. Die Erfüllung dieser Forderung stellt Dr. Hüsch vor abenteuerliche Aufgaben bei der Zollkontrolle.
Ein Erlass der Rumänen fordert von den Ausreisewilligen, das Eigentum der Sekuritate zu übertragen und die bisherigen Ausbildungskosten an den Staat zurück zu zahlen. Außerdem sollen sie die Fahrkosten in Valuta bezahlen. Die BRD übernimmt das.
Ceausescu fordert Kohl zum Staatsbesuch auf. Kohl reist nicht. Die BRD fordert eine Erleichterung für das Verbleiben in Rumänien. Angebote zur Hilfe, z.B. Spenden von Medikamenten, werden abgelehnt.
Ein späterer Vertrag erlaubt 50.000 Menschen die Ausreise. Insgesamt wurden in den 20 Jahren 226.654 Menschen freigekauft. Am 4. 12. 189 wurden alle Verträge gekündigt.
Dr. Hüsch hatte zunächst keine Sicherheitsbegleitung, nahm aber später 2 Söhne mit. Niemand außer seiner Schwester, die im Sekretariat der Kanzlei tätig war, wusste von seiner Mission. Erst seit 2 Jahren darf er darüber sprechen. Die Notizen sind vielfältig und gleichzeitig faszinierend.
Dr. Hüsch hat die Erinnerungen in einem Buch herausgegeben: „ Der Kauf von Freiheit“. Empfehlenswert und im Internet nachzulesen: „Der Freikauf der Rumäniendeutschen“.