Vortrag: Die Exekutivgewalt der Kommune

Vortrag: Vermeidung und/ oder Verlust der Exekutivgewalt der Kommune

Der Referent, Tobias Kolditz-Mann aus Düsseldorf, ist für die Ordnungsbehörde der Stadt Düsseldorf im Außendienst tätig. Er kam zur Stadt Düsseldorf, als diese in den 1990er Jahren eine eigene Truppe für den Außendienst mit Polizeiaufgaben aufstellte. Der Ordnungs- und Servicedienst (OSD) entstand aus der Idee, bisher eigenständige Außendienste zu bündeln und damit die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu erhöhen. Der OSD in Düsseldorf hatte zu seinen besten Zeiten180 Mitarbeiter.

Der Vortragende sprach frei und ohne technische Hilfsmittel über seine Aufgaben und Erfahrungen bei der Stadt. Dabei lernten wir die Aufgabenverteilung zwischen Polizei- und Ordnungsbehörde kennen, die in den einzelnen Bundesländern durch­aus unterschiedlich geregelt ist.

Zu Bismarcks Zeiten und in der Weimarer Republik war es allein Aufgabe der Polizei, für Ruhe, Sicherheit und Ordnung zu sorgen. Nach dem Kriege wurden die Aufgaben neu verteilt. Nordrhein-Westfalen übernahm das Exekutivsystem der Engländer und trennte die Aufgaben von Polizei- und Ordnungsbehörde.

Die Polizei als Landesbehörde wurde schwerpunktmäßig für die Verfolgung von Straftaten zuständig, während die Ordnungsbehörden auf kommunaler Ebene die Aufgabe haben, Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren.

Allgemein bekannte Aufgaben der Ordnungsbehörden sind die Überführung von Falschparkern, Unterbindung von Ruhestörungen oder das Sanktionieren illegaler Müllkippen. Im Unterschied zur Polizei, die bereits begangene Straftaten verfolgt, wird die Ordnungsbehörde vorbeugend tätig. Sie hat dazu wie die Polizei Zutritts­rechte und Kontrollbefugnisse. Die Beamten dürfen wie Polizisten Personen kontrol­lieren und deren Personalien feststellen. Hat jemand keinen Ausweis dabei und kann die Person auch anders nicht identifiziert werden, ist zum Zwecke der Gefahrenab­wehr auch eine Durchsuchung der Person und der mitgeführten Sachen zulässig. Zudem ist das Ordnungsamt befugt, Platzverweise auszusprechen und sogar Personen in Gewahrsam zu nehmen. Auch braucht der OSD keinen Durchsuchungs­befehl, um zur Gefahrenabwehr Haus und Grund zu betreten.

Der Vortragende demonstrierte anhand zahlreicher Beispiele den Gesetzesvollzug in der Praxis. Schwerpunkte sind z.B. die Überwachung von Straßen, Plätzen und Grünanlagen, die Bearbeitung von Beschwerden über Lärm- und Geruchsbelästi­gung, Jugendschutzkontrollen, der Tierschutz, aber auch der Bürgerservice oder die Vermittlung sozialer Hilfsangebote an bedürftige Personen.

In einem besonders spektakulären Fall begann alles mit einem großen Müllhaufen vor einem kleinen Haus. Als der Vortragende mit seiner Kollegin der Sache nachging, ertönte aus dem Haus ein Höllenlärm. Als die beiden die Ursachen feststellen wollten, stellte sich ihnen der Hauseigentümer in den Weg. Es stellte sich heraus, dass in dem Haus 16 Personen lebten, darunter neun verwahrloste Kinder der Tochter des Hauseigentümers, die von sechs verschiedenen Vätern stammten. Einige Kinder standen unter der Obhut des Jugendamtes, ohne dass dieses über den Aufenthalt orientiert war. Alle lebten von der Sozialhilfe, die zum Teil mit Scheinadressen erschwindelt wurde. Bei der Aufarbeitung des Falles wurden zahlreiche Straftaten festgestellt, unter denen das Stehlen des Stroms vom Nachbargrundstück noch das geringste Vergehen war. Am Ende wurde die Mutter zu 4,5 Jahren und einer der Väter zu 6 Jahren Gefängnis verurteilt.

Nach einer lebhaften Diskussion bedankten wir uns bei Herrn Kolditz-Mann für seinen lehrreichen und anschaulichen Vortrag mit lang anhaltendem Beifall.