Tages-Exkursion ins Ahrtal und nach Rolandseck
Unser erstes Ziel war der Regierungsbunker in Ahrweiler. Da man wegen der engen Zufahrt nicht mit dem Bus dorthin gelangen kann. muss man auf Taxen umsteigen, die uns auf den Berg zum Eingang des Bunkers brachten. Dort wurden wir von unseren beiden Führern in Empfang genommen, die uns in zwei Gruppen durch das von dem Bunker übriggebliebene Museum begleiteten. Der Führer unserer Gruppe, Herr Jahr, erläuterte uns dabei kenntnisreich und mit Humor die Geschichte des Bauwerks von seinen Anfängen bis zur Gegenwart:
Der Bunker – im Amtsdeutsch „Ausweichsitz der Verfassungsorgane des Bundes (AdVB) im Krisen- und Verteidigungsfall“ entstand unter großer Geheimhaltung in den Jahren 1960 bis 1972 in zwei von fünf Anfang des 20. Jahrhunderts gebauten Tunneln der nie fertiggestellten strategischen Bahnstrecke von der Ahrtalbahn zum strategischen Bahndamm nach Neuss (Teilstrecke Liblar – Rech). Er sollte der deutschen Bundesregierung und den anderen Verfassungsorganen (Bundespräsident, Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Bundestag, Bundesrat), als Ausweichsitz und unterirdische Führungsanlage im Kriegsfall dienen. Die Anlage war weitgehend autark in der Versorgung mit elektrischer Energie, Frischluft und Trinkwasser und sollte sogar einem Angriff mit atomaren Waffen standhalten. Sie besaß eine nutzbare Stollenlänge von ca. 17,3 km , um einer sog Notverwaltung des Bundes mit insgesamt 3.000 Mitarbeitern ein Ausharren von mindestens 30 Tagen zu ermöglichen Die Haupteingänge konnten mit rollbaren MAN-Toren aus Stahl und Beton mit einem Gewicht von jeweils 25 Tonnen verschlossen werden. Unter anderem wurden 897 Büro- und 936 Schlafräume eingerichtet. Zur Abtrennung dieser Räume gab es in dem Komplex insgesamt 25.000 Türen, und selbst an einen unterirdischen Friseursalon war gedacht worden. Die Kosten für das Bauwerk werden auf rd. 3 Mrd. DM geschätzt. Heute weiß man, dass es vielleicht einer entfernt niedergehenden Atombombe vom Typ Nagasaki, keinesfalls aber einer der später entwickelten stärkeren Atombomben widerstanden hätte.
Nach Ende des Kalten Krieges wurde die Anlage aus Kostengründen Ende der 1990er Jahre stillgelegt. Heute ist von dem teuersten Bauwerk der Bundesrepublik nur noch ein kleines Bunkerstück von 203 Meter Länge erhalten, das in das Museum „Dokumentationsstätte Regierungsbunker“ (Weltkulturerbe) umfunktioniert wurde.
Wir bewunderten bei der Führung vor allem die schweren, rollbaren Stahlbetontore und interessierten uns für die Schlafräume, durchweg winzige 4-Bett-Zimmer. Nur der Bundespräsident und der Bundeskanzler hatten Einzelzimmer mit je einem kleinen Bett und Toilette: der Bundespräsident mit Badewanne, der Bundeskanzler mit Dusche. Der Aufenthalt der Ehefrauen im Bunker im Katastrophenfall war nicht vorgesehen.
Nach dem Mittagessen besuchten wir den Bahnhof Rolandseck mit dem Arp-Museum. Der Museums-Neubau des US-amerikanischen Architekten Richard Meier oberhalb des Bahnhofes wurde am 29. September 2007 im Beisein von Bundeskanzlerin Angela Merkel eingeweiht. Neubau und historisches Bahnhofsgebäude sind durch einen Tunnel und einen Aufzug miteinander verbunden. Dieser Tunnel ist ein nachgebauter Eisenbahntunnel Er wird durch eine 17 m lange Neon-Leuchtspirale von Barbara Trautmann (Kaa, benannt nach der Schlange im Dschungelbuch) beleuchtet. Für die gesamte Baumaßnahme wurden 33 Mio. Euro veranschlagt, von denen 14,3 Millionen Euro aus Ausgleichsmitteln des Berlin/Bonn-Gesetzes (Vereinbarung über die Ausgleichsmaßnahmen für die Region Bonn) zur Verfügung gestellt wurden, die andere Hälfte stammt vom Land Rheinland-Pfalz,
Das Museum zeigt zur Zeit eine Ausstellung von Otto Piene, Mitbegründer der Zero-Bewegung 1958 in Düsseldorf (Zero = von 0 ausgehender Neubeginn in der Kunst). Frau Becks, unsere Führerin, brachte uns den Künstler näher, der das Licht als Grundbedingung aller Sichtbarkeit in den Mittelpunkt seines Schaffens stellt. Markantes Beispiel: Das Lichtballett in einem dunklen Nebenraum, bei dem Licht durch sich drehende gelochte Scheiben fällt und an der Decke und den Wänden des Raumes tanzt.
Wo Licht ist, ist auch Dunkelheit. Ein offenes Feuer erzeugt Rauch. Dieser lässt sich auf dem Papier als Partikel festhalten. So entstehen Rauchbilder in Wellenform oder in Kreisen. Vom Rauch zum Feuer ist nur ein kleiner Schritt. Durch Anzünden des auf der Leinwand dick aufgetragenen Lacks entstehen Feuerbilder. Die Ausstellung zeigte mehrere markante Beispiele für diese von Piene entwickelten Techniken. Darüber hinaus sind in der Ausstellung einige ausgewählte Arbeiten von Luis Fontana zu sehen, dessen Arbeiten Piene zu seinem radikal neuen Umgang mit den Materialien und der Verwendung von Rastersieben angeregt hatten.
Der Museumsbesuch endete bei Kaffee und Kuchen im Museumscafé. Dieses befindet sich im restaurierten ehemaligen Festsaal des Bahnhofs (Mitte 19. Jh.) mit Stuckdecken, großen Kristalllüstern und Außenterrasse mit Blick auf den Rhein und das Siebengebirge mit dem Drachenfels.
Lohnend war auch der Besuch der Bahnhofstoiletten. Der britische Künstler Stephen McKenna hat das damals völlig heruntergekommene Bahnhofsklo 1972 als Dank für Kost und Logis im „Künstlerbahnhof“ mit Szenen aus dem früheren Bahnhofsleben und Bildzitaten aus der Kunstgeschichte bunt ausgemalt.
Dann ging es mit dem Bus zurück nach Hause.