Vortrag – Klinisches Ethik-Komitee (KEK)
Der Referent, Dr. med. Richard Derichs, war viele Jahre Chefarzt für Innere Medizin am Marienkrankenhaus in Düsseldorf. Er ist auch heute, nach seiner Pensionierung, dort noch tätig und betreut junge Mediziner bei ihrer praktischen Ausbildung. Außerdem ist er weiterhin stellvertretender Vorsitzender des dortigen Klinischen Ethik-Komitees (KEK).
In seinem Lichtbilder-Vortrag berichtete Dr. Derichs über seine Arbeit mit dem Komitee und über die ethischen Konfliktfelder, die in einem Krankenhaus auftreten können.
Das KEK berät Patienten und Angehörige sowie das behandelnde Personal. Patienten erhalten Hilfestellung bei der Verfassung von Patientenverfügungen. Das KEK arbeitet an der Entwicklung ethischer Leitlinien und organisiert Fort- und Weiterbildungen zu ethischen Fragen. Mitglieder des KEK können jederzeit zu ethischen Fallbe-sprechungen zusammengerufen werden.
In schwierigen Situationen während der Behandlung können auf Antrag von Patienten, Angehörigen oder Mitarbeitern jeder Berufsgruppe die Mitglieder des KEK zur ethischen Fallbesprechung einberufen werden. In diesem Forum wird eine spezielle Frage zur weiteren Behandlung (meist zu lebensverlängernden Maßnahmen wie Ernährung, intensiv-medizinische Betreuung oder Ähnliches) anhand eines festgelegten Fragenkatalogs beleuchtet. Anschließend wird schriftlich ein Votum verfasst, das als Hilfestellung für die Entscheidungsfindung des verantwortlichen Personals dient.
Ein typischer Fall: Bei einem 85-jährigen Bewohner mit einer mehrjährigen psychiatrischen Krankengeschichte, der Essen und Trinken verweigert, wird kontrovers diskutiert, ob die bereits laufende Zufuhr von Nahrung und Flüssigkeit über eine PEG-Sonde fortgesetzt werden soll. Da der Patientenwille aufgrund der psychiatrischen Erkrankung schwierig zu ermitteln ist und da Pflegepersonal und Angehörige unterschiedliche Auffassungen über die Fortsetzung der Ernährungs-therapie haben, wird das KEK mit der Klärung befasst.
Bei der Ermittlung des Patientenwillens sind vier Stufen zu unter-scheiden. Vorrangig ist der aktuell erklärte Wille des aufgeklärten und einsichtsfähigen Patienten. Falls dieser sich nicht mehr wirksam äußern kann, kommt es auf die Vorsorgevollmacht und auf die Patientenverfügung an, sofern diese sich auf die aktuelle Situation bezieht. Führt das nicht weiter, ist der individuelle mutmaßliche Wille des Patienten anhand früherer Äußerungen oder von ihm bekannter Wertvorstellungen zu ermitteln. Ist auch das nicht möglich, bleibt letztlich nur, den allgemein mutmaßlichen Willen zugrunde zu legen, d.h. aufgrund von allgemein gültigen Wertvorstellungen zu entscheiden.
Die Ethische Fallbesprechung lässt sich mit dem Fragenkatalog der Nimwegener Methode strukturieren. Diese verläuft in folgenden Schritten: 1. Problem-formulierung, 2. Fakten (medizinische Gesichtspunkte, pflegerische Gesichts-punkte, weltanschauliche und soziale Dimension, organisatorische Dimension), 3. Bewertung (Wohlbefinden des Patienten, Autonomie des Patienten, Verantwort-lichkeit von Ärzten, Pflegenden und anderen Betreuenden), 4. Beschlussfassung und 5. Zusammenfassung der Entscheidung und Auswertung,
Erwartungsgemäß gab es nach diesem interessanten Vortrag eine lebhafte Diskussion. Dabei stellte sich heraus, dass nicht jedes Krankenhaus ein Klinisches Ethik-Komitee hat, bzw. das Komitee manchmal nur auf dem Papier vorhanden ist.
Wir bedankten uns bei Dr. Derichs mit lebhaftem Beifall.