Vortrag am 21.01.2014: China Entwicklungshelfer oder Investor?
von Herrn Jürgen Schaumann, Pastpräsident des Rotary Club Willich
Herr Schaumann begann sein Referat mit einer kurzen Darstellung seines beruflichen Werdeganges.
Er wies zunächst darauf hin, dass sich der neue chin. Staatspräsident Xi Jinping zu einem Staatsbesuch im März 2014 in Deutschland angesagt habe. Düsseldorf bewirbt sich, eine der Stationen auf der Reise zu sein. Düsseldorf möchte gerne ein neues chin. Generalkonsulat ansiedeln.
Die Reformen in China begannen 1978 (nach Maos Tod 1976) unter Deng Xiaoping. Da eine gleichmäßige Entwicklung des riesigen Landes nicht möglich schien, beschloss die Parteiführung, zunächst regionale Schwerpunkt festzulegen, Einrichtung von Sonderwirtschaftszonen, z.B. Küstenorte im Osten. Man nahm bewusst in Kauf, dass sich ein starkes Wohlstandsgefälle entwickeln musste. Es wurden moderne Städte, Straßen, Eisenbahnen geschaffen und ein Berg an Devisen angehäuft. Der Industrieboom brachte bis 2010 2-stellige Wachstumsraten. Entscheidungen waren nicht transparent, Diskussionen nicht öffentlich. Das Motto war: Es kommt nicht auf die Rendite an, politisch motivierte Ziele sollen erreicht werden und der Vorteil muss sich in China zeigen.
1993 erfolgten weitere Reformen für den Markt, die später Chinas Weg zum Beitritt zur Welthandelsorganisation im Jahr 2001 ermöglichten. Die Industrieproduktion stieg um über 15 %.
Einige Zahlen zur Entwicklung des chin. Außenhandels:
1952 820 Mio USD 1995 148,8 Mrd. USD
2000 249,2 Mrd. USD 2003 438,3 Mrd. USD nach WTO Beitritt 2001
2008 1218 Mrd. USD 2012 2049 Mrd. USD
Die Devisenguthaben liegen heute bei ca. 3.600 Mrd. USD. Eine gut gefüllte Kasse.
Nach Chinas WTO Beitritt in 2001 wurde 2010 eine Freihandelszone zwischen China und ASEAN eingerichtet; mit den Staaten Thailand, Singapur, Malaysia, Indonesien, Vietnam; Kambodscha, Philippinen u.a. Alle liegen rund um das süd-chinesische Meer mit ca. 575 Mio. Einwohner; ein großer Markt für den asiatischen Raum.
Sodann vollzog der Referent einen Schwenk nach Afrika:
Die Chinesen erschließen neue Absatzmärkte in Afrika oder Lateinamerika und hoffen vor allem auf Zugriff auf die Rohstoffvorkommen; Öl, Gas, Eisenerz und andere Bodenschätze. Es geht um langfristige Handelsabkommen, große Infrastrukturprojekte und Aufbauhilfe. Chinesen modernisieren und bauen Flughäfen, Schulen, Pipelines, Raffinerien u.a. China will beim Export seiner Waren unabhängiger vom Westen werden.
So garantiert die Regierung des Kongo chinesischen Firmen 30 Jahre die Versorgung mit Rohmetallen, Kupfer, Kobalt, Gold. Im Gegenzug baut China 12 Straßen, 3 Autobahnen, eine Eisenbahnlinie, 32 Krankenhäuser, 145 Gesundheitszentren, 2 Universitäten und Sozialwohnungen im Werte von insgesamt 3,3 Mrd. Dollar.
Ferner kaufen Chinesen u.a. Kohle in der Mongolei. China baute für den Iran eine U-Bahn, weil die Europäer zu teuer schienen und lieferte noch über 250 U-Bahnwagen dazu. Siemens bot das Projekt für 3,2 Mrd. USD an, ein chinesisches Konsortium hielt mit 850 Mio. dagegen.
Eine andere Richtung:
China wildert im deutschen Mittelstand und setzt die deutsche die Export-wirtschaft unter Druck. Das waren Überschriften der Süddeutschen Zeitung und der Zeit im letzten Jahr. Immer mehr chinesische Unternehmen setzen auf hohe Qualität und machen deutschen Firmen Konkurrenz. Ein chinesisches Vorzeigeobjekt ist das Unternehmen Haier, führender Hersteller von Waschmaschinen, Kühlschränken, Fernseher u.a. mit einem Welt-marktanteil von ca. 7,8 %; Haier hat den japanischen Sanyo Konzern übernommen.
Auch in Deutschland gehen chinesische Unternehmen auf Einkaufstour. Die Regierung unterstützt Übernahmen, beispielsweise folgender Firmen:
Putzmeister und Schwing, Betonpumpen Medion, Elektronik
Kiekert, Autoschlösser Schiess, Maschinenbauer
Saargummi, Dichtsysteme Kion (Linde + Still), Gabelstapler
Herr Schaumann erklärt, dass seine Titel-Frage nach Chinas Rolle als Entwicklungshelfer oder Investor so oder so beantwortet werden könne, jedoch überhaupt nicht wichtig sei. China hat s. E. eindeutig beide Rollen. Die Frage ist eher, wo steht der Westen?
Bis vor einigen Jahren gab es eine klare Ordnung: die G7 Staaten gaben den Ton an und die restlichen Volkswirtschaften folgten. Seit der Wirtschaftskrise 2008/2009 ist ein neues Muster sichtbar. Diese Krise war eine Krise des Nordens an der noch viele Industriestaaten laborieren. Delikat ist in diesem Zusammenhang, dass der enorme Schuldenhaushalt der USA von China finanziert wird. China hält US-Anleihen in Höhe von 1,2 Billionen Dollar. Wo sonst hätten die Devisenüberschüsse angelegt werden sollen?? Seit 2005 versucht Bejing die Anlagen weg vom US Dollar in andere Währungen zu legen, z.B. in Euro. Doch der ist auch nicht ohne Risiko.
Die Wirtschaftsmacht China bedarf noch eines weiteren Schrittes, um sich zu manifestieren:
Die chinesische Währung will weltweit konvertierbar werden. Daran arbeitet China in kleinen Schritten. Auf Dauer wird der Dollar seine Vormachtstellung verlieren. Allerdings ist der Zeitpunkt noch offen.
Zum Schluss seines Vortrags berichtete Herr Schaumann etwas Positives:
1) Jede Krise oder schwierige Situation birgt auch eine Chance. Krise und Chance haben in der chinesischen Sprache dasselbe Schriftzeichen.
2) Prof. Ch. Schmidkonz stellte in einer Studie fest, dass die Waren in vielen Fällen gar nicht von rein chinesischen Firmen stammen, sondern aus Fertigungsstätten, in die ausländische Unternehmen investiert haben oder die sogar mehrheitlich in ausländischer Hand sind.
Made in China heißt in Wirklichkeit wohl eher Made with China und davon profitiert auch der Rest der Welt.
Langanhaltender Beifall dankte Herrn Schaumann für seinen informativen Vortrag.