Vortrag

Vortrag von CF Hermann Knopf: „Der Schwarze Juni“

Zunächst erläutert CF Hermann, dass sein Vortrag auf einem Festvortrag des deutschen Nationalökonomen Hans Werner Sinn basiert, den dieser im Jahre 2016 an der Universität Jena gehalten hatte; er hatte darin den wesentlichen Inhalt seines Buches „Der Schwarze Juni“, seine Auswirkungen auf Deutschland als größtes Mitglied der EU, dargelegt. – Anknüpfungspunkt waren zwei Ereignisse im Juni 2016

a) Als im Jahre 2012 die EZB und deren neuer Präsident Draghi dazu übergingen, zunächst die Zinsen Schritt für Schritt zu senken und sodann in immer größerem Stil Staatsanleihen – hauptsächlich der wirtschaftlich schwachen südeuropäischen Länder der EU – aufzukaufen und damit diesen Ländern praktisch zinslose Staatskredite zu geben, wurde dem deutschen Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob diese Art der Staatsfinanzierung mit den europäischen Verträgen vereinbar sei. Das Bundesverfassungsgericht mochte die Frage nicht entscheiden, sondern legte sie zur Entscheidung dem Europäischen Gerichtshof vor. Dieser entschied am 19.06.2016, dass die kritisierte Geldpolitik der EZB mit den europäischen Verträgen in Einklang stehe.

            Diese Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs ist nach wie vor umstritten. Sie führt dazu, dass wesentliche Ziele der europäischen Verträge nach wie vor nicht erreicht werden. So sollte die Staatsverschuldung aller Euro-Länder auf maximal 60 % des jeweiligen Bruttosozialproduktes gesenkt werden. Davon sind alle noch weit entfernt. Die Null-Zins-Politik führt im Gegenteil dazu, dass viele Länder sich – wegen der billigen Kredite der EZB – sogar noch weiter verschulden. Am meisten gilt dies für Griechenland, wo die Verschuldung zur Zeit 177 % des Bruttosozialproduktes beträgt; in Deutschland liegt sie bei 68 %.

            Mit zahlreichen Tabellen/Schautafeln veranschaulichte Hermann, wie sich auch andere gesamtwirtschaftliche Parameter, im Gegensatz zu den Zielvorgaben der europäischen Verträge, negativ entwickelt haben. So belaufen sich z.B. die Targetforderungen der Bundesrepublik Deutschland zurzeit auf ca. 814 Milliarden Euro; dem stehen entsprechende Targetverbindlichkeiten der südeuropäischen Länder (z.B. Griechenland, Spanien, Zypern, Portugal) in entsprechender Größenordnung gegenüber. Es ist überhaupt nicht abzusehen, ob und wann diese Forderungen irgendwann einmal ausgeglichen werden können. Realistisch erweise wird man davon ausgehen müssen, dass sie irgendwann einmal zu Lasten Deutschlands praktisch zu Null abgeschrieben werden müssen. Deutschland hätte damit zu seinen eigenen Lasten die Defizite der genannten Länder ausgeglichen.

b) Am 21.06.2016 haben die Engländer mit knapper Mehrheit in der bekannten Volksabstimmung entschieden, aus der Europäischen Union auszutreten.

            Dieser Austritt, der in den nächsten zwei Jahren vollzogen werden muss, wird dazu führen, dass die Einflussmöglichkeiten Deutschlands in der EZB geschmälert werden. Dort können Mitglieder, die zusammen über einen Stimmenanteil von 35 % verfügen, als Sperrminorität Entscheidungen der Mehrheit blockieren. Die nordeuropäischen Länder, die im Wesentlichen immer eine stabilitätsorientierte Fiskalpolitik betrieben, verfügen dort (unter Einschluss von Großbritannien) zur Zeit über eine solche Sperrminorität von 35 %; wenn jedoch Großbritannien aus der Europäischen Union ausscheidet, verringert sich der Stimmanteil dieser Länder auf ca. 25 %. Damit könnte die EZB unter Draghi ihre derzeitige Politik der praktisch zinslosen Staatskredite für südeuropäische Länder ungehindert fortsetzen, ohne dass Deutschland daran etwas ändern könnte.

Sinn hat zur Lösung dieser Probleme in 15 Punkten ein Katalog von Maßnahmen vorgeschlagen. Wegen des Umfangs und der Komplexität dieses gesamten Katalogs hat Hermann darauf verzichtet, diese 15 Punkte explizit vorzutragen.

Kräftiger Beifall dankte dem Vortragenden für seine interessanten Ausführungen. Etliche Fragen und Anmerkungen aus dem Auditorium belegten das große Interesse, auf das dieser Vortrag gestoßen war.