Exkursion

Exkursion am 19.08.2014 zur „Emschergenossenschaft“

Es war leider kein typisches Probuswetter, als der Bus gegen 9.00 Uhr Richtung „Emscher­gebiet“ fuhr. Idee, Planung und Durchführung der heutigen Fahrt lag in den bewährten Händen von CF Jens Rothe.

Gegen 10.20 Uhr erreichten wir als erstes Etappenziel in Dortmund-Bolmka eine Brücke über die Emscher. Dort erwartete uns Frau Semrau, Ökologin bei der Emschergenos­sen­schaft, die uns Erläuterungen zu einem dort bereits renaturierten Teilstück der Emscher gab.

Von dort ging es zur Kläranlage Bottrop. Hier folgte zunächst ein Vortrag von Herrn Wolf, anschließend auf Einladung der Emschergenossenschaft ein schmackhaftes Mittag-essen, danach von 14.30 Uhr bis 15.30 Uhr ein weiterer Vortrag von Herrn Dr. Coburg. Beide Vorträge wurden unterstützt durch zahlreiche Schaubilder und Fotos.

Zusammengefasst erfuhren wir von Frau Semrau, Herrn Wolf und Herrn Dr. Coburg folgendes:

Geschichte:                                                                                                                                      Mit der ab ca. 1850 einsetzenden Industrialisierung des Ruhrgebietes kam es innerhalb von 75 Jahren zu einer Verzehnfachung der Bevölkerung. Sämtliche Industrie- und Haushalts­abwasser wurden in die Emscher sowie deren zahlreiche Zuflüsse abgeleitet. Durch den Bergbau kam es verstärkt zu Bodensenkungen. Dies führte dazu, dass die Wasser (Abwasser) der Emscher sich in den Senkungen (Mulden) stauten und dort mehr oder weniger große Überflutungsgebiete bildeten. Mit zunehmender Industrie und zunehmender Bevölkerungs­zahl verschlechterten sich dadurch die hygienischen Bedingungen dramatisch. Es kam immer wieder zu Seuchen. Im Jahre 1899 wurde deswegen die „Emscher­genossenschaft“ gebildet mit der Aufgabe, die gesamte Region des Ruhrgebiets trocken zu legen. Wegen der immer wieder auftretenden Bergsenkungen konnte man damals keine unterirdischen Abwasserrohre verlegen, weil diese bei den Senkungen beschädigt bzw. zerstört worden wären. Man entschloss sich deswegen, die Emscher (und deren Zuflüsse) als „offene“ Abwasser-Kanäle auszubauen. Dies geschah und blieb so bis nach dem zweiten Weltkrieg. Durch die Emscher flossen also bis dahin das Flusswasser, einlaufendes Ober­flächenwasser sowie sämtliche Industrie- und Haushalts-Abwässer der gesamten Region. Dadurch kam es zwar nicht mehr zu Überschwemmungen; zunehmend wurde aber der Gestank der „Kloake“ von den in der Nähe lebenden Menschen als unerträglich empfunden.

 Jüngere Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft:                                                     Nachdem gegen Ende der achtziger Jahre des letzten Jahrhunderts der Bergbau im Ruhr­gebiet mehr und mehr zum Erliegen gekommen war, war in diesem Gebiet nicht mehr mit neuen Bergsenkungen zu rechnen. Dadurch wurde es möglich, Abwasserleitungen auf Dauer unterirdisch zu verlegen. Nach entsprechenden Vorplanungen begann deswegen 1991 unter Federführung der Emschergenossenschaft die Realisierung eines langfristigen Umbau­projektes, und zwar: Herstellung eines unterirdischen Abwasser-Systems, durch das sämtliche Abwasser der Region abgeleitet werden, sowie im Anschluss daran die weit­gehende „Renaturierung“ der dann „sauberen“ Emscher.

 Die Bauarbeiten für das Abwassersystem begannen 1991 und sollen 2017 abgeschlossen sein. Es müssen etwa 400 km Kanalrohre mit einem Durchmesser zwischen 1,6 bis 3,2 m verlegt werden; ca. 230 km sind bereits fertig. Die Kanalrohre bestehen aus besonders widerstandsfähigem Hochleistungsbeton und sollen mindestens 120 Jahre halten. Der Haupt-Abwasserkanal zwischen Dortmund und der Emschermündung bei Dinslaken hat eine Länge von etwa 51 km und wird die Abwässer von ca. 2,4 Mio. Einwohnern sowie von Industrie und Gewerbe aufnehmen. Die Kanalröhre wird in einer Tiefe zwischen 8 bis 40 m im unterirdischen Rohrvortriebsverfahren hergestellt (im Prinzip so wie die U-Bahn in Düsseldorf). Alle 1 bis 2 km müssen senkrechte Revisionsschächte gebaut werden. Die spätere Wartung und Revision des Abwasserkanals wird durch einen eigens entwickelten Wartungsroboter erfolgen. – Wegen des erforderlichen Gefälles des Abwasserkanals von 1,5 ‰ müssen auf der gesamten Strecke mehrere Pumpwerke zwischengebaut werden, die das Abwasser wieder aufwärts befördern. Ohne sie hätte der Kanal bei Dinslaken eine Tiefe von 75 m erreicht. – Die (teilweise lokal schon vorgeklärten) Abwässer werden in vier großen Kläranlagen in Dortmund, Bottrop, Dinslaken und Duisburg geklärt. Danach fließt das Wasser in den Rhein.

 Zurzeit sind schon ca. 20 km am Oberlauf der Emscher „renaturiert“. Soweit möglich, wird der natürliche Lauf eines Flusses mit entsprechendem Ufer wieder hergestellt. Wegen der engen Bebauung (Industrie, Wohngebäude) ist dies allerdings nicht am gesamten Lauf der Emscher möglich. Das Gewässer und seine Randzonen werden bis 10 Jahre nach dem Umbau beobachtet. Schon jetzt haben sich im renaturierten Oberlauf der Emscher ca. 800 Arten (Pflanzen und Tiere) wieder angesiedelt. Die gesamte „Renaturierung“ der Emscher und ihrer Zuflüsse soll bis zum Jahre 2020 abgeschlossen sein. Schon jetzt ist der neu entstandene „Phoenix-See“ bei Dortmund ein „High-Light“ der Renaturierung.

 Die Emschergenossenschaft, eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, ist mit einem Jahresumsatz von ca. € 380 Mio. der größte Abwasserentsorger Deutschlands für ca. 2,4 Menschen. Das gesamte Kanal- und Renaturierungsprojekt soll ca. € 4,5 Milliarden kosten. Davon gehen ca. 80% in den Kanalbau und ca. 20% in die „Renaturierung“ der Emscher und ihrer Zuflüsse. Zurzeit wird an 20 Kanalbaustellen und 11 Maßnahmen der ökologischen Flussverbesserung gearbeitet. Die Arbeiten liegen bislang zeit- und kostenmäßig im Plan.

 Ab 15.30 Uhr führte Herr Dr. Günther, Betriebsleiter der Kläranlage Bottrop, uns (nunmehr bei „Probus-Wetter“) durch den größeren Teil dieser Anlage. Beschäftigt werden etwa 200 Mitarbeiter. In der Anlage werden die Abwasser des nördlichen Ruhrgebiets (ca. 1,3 Mio. Menschen) geklärt. Bei Trockenwetter fließen ca. 4,2 m³/sec in die Anlage, bei Regen entsprechend mehr.

 Die Abwässer werden zunächst in drei Schritten mechanisch gereinigt:

a)         mit großen Rechen werden Grobstoffe abgefangen (die dann verbrannt werden);

b)         Sandfang: In großen Becken setzt sich der Sand ab, der vom Boden dieser Becken abgesaugt, gesammelt und beim Straßenbau wieder verwendet wird;

c)         Vorklärung: In anschließenden großen Becken setzen sich organische Stoffe am Boden ab, die dann abgesaugt und in vier großen Faulbehältern weiter behandelt werden.

 Aus Zeitgründen konnten diese Faulbehälter sowie die Verbrennungsanlage nicht mehr besichtigt werden.