Martinsabend: Spendenaktion Jahrhundertflut an der Ahr

Sankt Martin im Zeichen der Jahrhundertflut an der Ahr

Jedes Jahr steht beim PROBUS Club Kaarst das 1 Treffen im Monat November (dieses Jahr am 16.11.) unter dem Thema „Sankt Martin“. Dabei werden alljährlich Personen oder Institutionen eingeladen, um ihre Bemühungen vorzustellen, wie man Hilfs-bedürftige unterstützen kann. In diesem Jahr hatte Präsident Heinz Kampermann als Gäste den Bürgermeister von Mayschoß, Hubertus Kunz, und den ihm bekannten Journalisten Manfred Mauren aus Nohn eingeladen, um „aus erster Hand“ Berichte über die diesjährige Flutkatastrophe an der Ahr zu erhalten. Weiterlesen 

Nachdem Manfred Mauren sich kurz vorgestellt hat, bittet er den Ortsbürgermeister Hubertus Kunz, der nach der zerstörerischen Jahrhundertflut im Juli 2021 den Ort Mayschoß mithilfe eines Krisenstabes leiten musste, uns über das schreckliche Geschehen der Flut im Juli 2021 zu berichten.

Bürgermeister Kunz erklärt zunächst, dass er sich altersbedingt im September 2021 nach 20jähriger Bürgermeistertätigkeit von seinem Amt zurückgezogen hatte, dann aber fraktionsübergreifend noch einmal zurückgeholt worden sei.

Am Fluttag, dem 14. Juli, habe er seinen gesamten Besitz verloren. Als die Ahr immer weiter anstieg – behördlicherseits hatte man mit einem Pegelstand von höchstens 4,21 m gerechnet  – und schließlich den Endpegel von 9,71 m erreichte, habe er zum ersten Mal in seinem Leben Todesangst gehabt. Seine Familie flüchtete auf ein benachbartes Scheunendach; seine 84-jährige Schwiegermutter, die über der Scheune in der zweiten Etage wohnte, wurde in der Dachrinne platziert, weil das noch der sicherste Platz mit Halt war.

Hilfe von außen war nicht zu erwarten; Strom- und Telefonnetz und alle Versorgungsleitungen sowie in das Dorf führende Straßen waren zerstört.

Das Dach des angebauten Feuerwehr-Gerätehauses habe gebebt. Wäre es weggespült worden, hätten die Menschen auf dem Dach keine Chance gehabt und wären in den Fluten umgekommen.

Bei dieser Schilderung  konnte man immer noch die anhaltende Anspannung und Fassungslosigkeit in der Stimme von Hubertus Kunz wahrnehmen. Er habe trotz großer persönlicher Verluste seine Verantwortung für die Menschen im Ort wahrgenommen und einen Krisenstab einberufen, der in der Ortskirche ein Zentrum bildete, in das die Bewohner alles, was sie erübrigen konnten, hinbrachten, um denen zu helfen, die alles verloren hatten. Es wurde mehr gebracht an Lebensmitteln und wärmenden Dingen als erwartet.

Die Hilfsbereitschaft der Menschen in der Not war überwältigend. Von der Flut war die Hälfte der Bevölkerung betroffen und verlor alles bzw. fast alles. Mit dem Wissen von heute wäre Mayschoß vorher evakuiert worden.

Erleichterung für die Menschen kam erst, als die Ahr nicht mehr anstieg und wieder langsam zurückging.

Die Ahr sei ein „jährlicher Besucher“ in den Kellern der Anwohner; sie kommt rasch, verschwindet aber genauso schnell wieder und richtet keine großen Schäden an, da alles zuvor vom Boden hochgeräumt wird.

So eine schreckliche Flut gibt es höchstens alle 100 Jahre einmal. Mayschoß wurde durch diese Flut um etwa 500 Jahre zurückgeworfen.

Hubertus Kunz selbst kam mit seiner Familie bei einer Kusine unter, deren Haus höher gelegen ist.

Zu seiner Person gefragt erklärt er, Lehrer zu sein. Im Alter von sieben Jahren habe er durch ein Seilwindenunglück sieben Finger verloren. Er habe gelernt, sich im Leben durchzukämpfen. Sein Credo laute: Sich selbst in einer Gesellschaft zu helfen, sich nicht auf die Hilfe durch Behörden zu verlassen; die arbeiten zu träge und ertrinken in ihrem Papierwust, den sie geschaffen haben. Wenn die Menschen selbst anpacken und durch hilfsbereite Menschen von außen unterstützt werden, könne man alles schaffen. Für ihn zähle jeder Mensch gleich viel, egal ob jemand Brötchen schmiert oder eine Führungsrolle hat. Wenn jeder das tut, was er gut kann und man diese Kräfte zusammenführt, dann kann man Berge versetzen und kein Problem ist unlösbar.

So wurde innerhalb von nur sieben Tagen eine Zufahrt vom Tal auf die Anhöhe in den Ort gebaut. Die Bundeswehr und die Feuerwehr Ludwigshafen hätten dabei mit all ihren Kräften geholfen.

Zum Schluss seiner Ausführungen weist Hubertus Kunz darauf hin, dass die tatsächlichen Schäden erst in ein oder zwei Jahren sichtbar werden würden. Bisher wären ca. 30 Millionen Euro als Entschädigung in Aussicht gestellt worden zur Abdeckung von 80 % der durch eine Versicherung nicht abgedeckten Schäden; bei öffentlichen Gebäuden würden die Schäden zu 100 % erstattet.

Präsident Heinz Kampermann bedankt sich bei den beiden Herren für diese ausführlichen Schilderungen und überreicht  ihnen den inzwischen bei den anwesenden Clubmitgliedern eingesammelten Spendenbetrag von 2.130 Euro.